Internationale Orient-Okzident-Gesellschaft e.V.
 
 

Die Feiertage im Islam und der Ramadan
von Kinan Wannous

Der Ramadan

Wahrend der 29 beziehungsweise 30 Tage des Ramadan, des neunten Monats des islamischen Mondkalenders, sind alle gesunden Muslime, die das Reifestadium bereits erlangt haben zum rituellen Fasten verpflichtet. Das Fasten gilt als eine der fünf Säulen im Islam. Zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang dürfen die Muslime keine Speisen und Getränke zu sich nehmen. Auch Genussmittel, wie z.B. Tabak, auch jegliche sexuelle Aktivitäten, böse Gedanken oder Taten, Lügen, Flüche und Sreitigkeiten sind verboten. Das Fasten wird ungültig durch das Zuführen von Substanzen, wie oben schon genannt, unabhängig von deren Konsistenz und Nährwert und auch durch absichtliches Erbrechen. Die Einnahme von Medikamenten ohne Nährwert jedoch ist erlaubt. Der Fastentag beginnt mit dem rituellen Frühgebet mit anschließendem Frühstück (sahur) im Kreis der Familie und dem Rezitieren eines Abschnitts des Korans.

Zum Fastenbrechen (iftar) nach Sonnenuntergang werden Datteln oder ein Stück Obst gegessen und Wasser getrunken. Danach wird das rituelle Gemeinschaftsgebet verrichtet und es wird gemeinschaftlich gegessen. Heute wird die Abstinenz am Tage an vielen Orten nachts durch üppige Festmahle ausgeglichen. Nach dem alltäglichen Abendgebet sprechen fromme Gläubige ein spezielles langes Nachtgebet, genannt (salat at- tarawih).

Von der Fastenpflicht befereit sind Altersschwache, Sieche, menstruierende Frauen und Kinder. Schwangere, Stillende, Reisende und Schwerarbeiter dürfen ihr Fasten verschieben, müssen es aber später nachholen oder für das Versäumnis eine besondere Sühne leisten.

Ähnlich der vorösterlichen Zeit im Christentum dient dieses >Fest der gnädigen Reinigung< der inneren Einkehr. Der Gläubige erinnert sich im Verzicht dankend der Gaben des täglichen Lebens. Der Körper wird dem Geist unterworfen, der Wille des einzelnen und das Zusammengehörigkeitsgefühl werden gestärkt. Außerdem ist der Ramadan eine Zeit der Güte, der Buße und Versöhnung. Sie soll genutzt werden um Frieden zu stiften. Wichtig ist es auch kostenlos Arme zu speisen und während des Ramadan eine Spende zu verrichten (Zakat). Den Abschluss dieses Monats bilden die Nacht der Bestimmung (lailat al-qadr ; fällt in einer der letzten 10 Tage des Ramadan) und `Id al-fitr (das kleine Fest des Fastenbrechens). Das Ziel in der Nacht der Bestimmung ist es ein Großteil der Nacht im gbet zu verbringen und Allah zu gedenken.

Der Beginn des Ramadan wird bestimmt durch die Sichtung des Ramadan Neumondes kurz vor Sonnenuntergang am 29. Sa’ban (8. Monat im Islamischen Mondkalender). Am folgenden Tag beginnt der Ramadan.

Der islamische Mondkalender

Der islamische Mondkalender folgt wie die Kalender fast aller semitischen Völker des alten Orients, dem Lauf des Mondes. Der Mondkalender besteht aus 12 Monaten zu abwechselnd 29 und 30 Tagen, umfasst also nur 354 Tage denen wegen gewisser Abweichungen alle 2 bis 3 Jahre am Ende des letztn Monats ein Schalttag hinzugefügt werden muss. Dementsprechend erhöht sich der Unterschied zum westlichen, gregorianischen Kalender alljährlich um elf Tage. Somit durchlaufen die Feiertage in 33 Jahren sämtliche Jahreszeiten. Die Periode zwischen zwei Neumonden gilt als Monat. Ein Kalendertag erstreckt sich, wie auch im Judentum jeweils von einem zum nächsten Sonnenuntergang.

Die Feiertage

Das muslimische Jahr kennt zwei kanonische Feste :

Das Fest des Fastenbrechens (arab. 'id al-fitr) und das Opferfest ('id al-adha). Ersteres, auch kleineres Fest genannt, wird am Ende des Fstenmonats Ramadan gefeiert und dauert drei Tage. Das Fest beginnt mit dem Sonnenuntergang des lezten Fastentages oder am nächsten Tag, je nachdem wann der Ramadan Neumond gesichtet wird. Es  ist ein Fest der Freude, bei dem man Allah für seine Ünterstützung während der Mühsal der Enthaltsamkeit dankt. Am frühen Morgen des nächsten Tages (der erste Tag des Monats Shawwal) versammeln sich die Muslime zum rituellen Festgebet. Nach dem gemeinsamen Gebet besucht man Freunde, Bekannte und auf dem Friedhof verstorbene Angehörige. Speisen und nicht alkoholische Getränke werden in den Moscheen und in den Häusern gereicht. Kinder bekommen Süßigkeiten, weshalb das Fest auch Zuckerfest genannt wird. Man tauscht Geschenke aus, begräbt alte Zwistigkeiten und spendet Bedürftigen Almosen.

Das Opferfest, auch großes Fest genannt, ist das höchste islamische Fest und findet am 10. des Monats Dhu l-Hhiddscha (etwa 70 Tage nach dem 'id al-fitr) statt. Im Zentrum steht bei diesem Fest, neben intensiven Gebeten, die Schlachtung eines Tieres, für gewöhnlich eine Kuh oder ein Schaf, die am selben Tag in Mekka auch von den Pilgern vollzogen wird. Es wird in Gedenken an den Propheten Abraham gefeiert, als er berereit war seinen Sohn Ismail zu opfern als Beweis seiner Loyalität zu Gott. Wichtig ist, dass sie das Fleisch mit Armen, Verwandten und Freunden teilen. Wie beim Fest des Fastenbrechens treffen sich die Muslime am Morgen des ersten Tages zum rituellen Festgebet. Das Fest dauert drei bis vier Tage.

Neben diesen Feiertagen gibt es noch weitere Feiertage, deren Beachtung und Durchführung den Gläubigen freigestellt sind.  Zum Beispiel gedenkt man auch am ersten Muharram, dem islamischen Neujahrstag, der Hidschra des Propheten nach Medina. Die Feierlichkeiten allerdings fallen, im Vergleich zu dem christlichen Silvester oder dem Noruz im Iran, eher zurückhaltend aus. Der Geburtstag des Propheten (maulid an-nabi) am 12. Rabi' al-awwal, wird erst seit etwa dem 12. Jahrhundert gefeiert und umfasst gemeinsame Lobpreisungen des Propheten sowie Rezitationen von Gedichten und Geschichten aus seinem Leben. Einige Muslime lehnen diese Feier als unzulässige Erneuerung  und als verbotene Vergötterung Muhammads ab.  Ebenfalls ein Anlass zum Feiern gibt die Nacht der Himmelgfahrt des Propheten (lailat al-mi'radsch) am 27. des Monats Radschab. In dieser Nacht soll Muhammad, nach islamischer Überlieferung, vom Erzengel Gabriel zur entfernten Moschee (gemeint ist die AL-Aqsa-Moschee in Jerusalem) und in den Himmel geführt worden sein. Dabei wird mit Lesungen und Gebeten jener Nacht gedacht.  Die Nacht des Schicksals (lailat al-qadr) wird durchzogen von langen Gebeten und Rezitationen. Sie wird allerdings einer unverbürgten Tradition am 27. Ramadan gefeiert. In dieser Nacht wurde dem Propheten, die laut Koran besser ist als 1000 Monate, im Jahre 610 erstmals der Qoran offenbart.  Weit emotinaler geht es beim großen Trauerfest der schiiten, dem Aschura-Tag am 10. Muharram, zu. Die Schiiten gedenken öffentlich der Schlacht von Kerbala im Jahr 680 im heutigen Irak, in der Hussain ibn 'Ali getötet wurde. Die Rituale des Aschura enthalten Erzählungen, Trauerprozessionen in Trauerkleidung und Selbstgeißelung oder auch die kultische Inszenierung des Martyriums Hussains.

Die Feiertage im Judentum
von Nigjar Marduchajeva

Chanukka

Jedes Jahr im Dezember lebt die ganze Stadt auf. Die Straßen von Berlin sind gefüllt von Menschenmassen, überall wo es nur geht leuchten Laternen, Lichterketten verzieren die Bäume, bunter glitzerner Schmuck dekoriert das Stadtbild. Buden aus denen süßer Duft von Crêpes, Waffeln, und Glühwein strömen laden zum Spaziertaumel ein. Es ist Weihnachtszeit. Die christlich sozialisierte Welt gedenkt und erfreut sich der Geburt Jesu. Familien kommen zusammen, es gibt weihnachtliches Festessen, Geschenke und das Aufstellen des Weihnachtsbaums gehört zu den Traditionen die die Feierlichkeiten dieser Zeit hervorheben. Dem Aufmerksamen Hauptstädter mögen aber auch die Plakate des Jüdischen Museums Berlin beispielsweise in den U-Bahnhöfen auffallen, die zum sogenannten Chanukka-Markt einladen.

Chanukka. Was mag das sein? Es handelt sich um ein jüdisches Lichterfest, das zeitlich parallel zum christlichen Weihnachtsfest stattfindet. Ähnlich wie am Heiligabend kommt die Familie zusammen, es gibt viel Licht, Festtagsspeisen, ja Kinder bekommen Geschenke oder auch Channukkageld. Bekannt wurde das Fest der Berliner Öffentlichkeit mitunter durch die Wechselausstellung „Weihnukka -Geschichten von Weihnachten und Channukka“ im Jüdischen Museum Berlin im Jahr 2005. Aufgrund des Erfolgs hat sich seit dem die Tradition im Museum etabliert jährlich zur Weihnachts-bzw. Chanukkazeit einen Channukkamarkt in den Museumsräumlichkeiten zu organisieren.

So sehr sich das Wesen und die Art der familiären Stimmung der beiden Feste ähnelt, ihre Hintergründe sind von Grund auf verschieden. Der Kern des Weihnachtsfestes ist hauptsächlich religiöser Natur, Chanukka erinnert an ein heldenreiches historisches Ereignis.

Wir schreiben das Jahr 165 v.d.Z. Seit Alexander des Großen ist Palästina stark von der hellenistischen Kultur geprägt und das Judentum steht stark unter dem Eifluss des griechischen Gedankenguts. Unter den Seleukiden, die auch auf dem Gebiet Judäas im 2. Jahrhundert die Oberherrschaft übernehmen, wird das jüdische Volk unterdrückt, das Ausüben der jüdischen Religion samt allen Traditionen und Gesetzen werden verboten. Der Versuch die Juden zwanghaft zu assimilieren droht den jüdischen Geist im Hellenismus aufgehen zu lassen und ganz auszulöschen.

Als Antiochus IV im oben genannten Jahr die Macht an sich reißt, wird der Tempel in Jerusalem belagert und entweiht, die Juden werden gezwungen Schweinefleisch zu essen und Götzendienst zu betreiben. Da erhebt sich ein jüdischer Mann aus dem Priesterstamm der Hasmonäer. Sein Name ist Mathatias. Er und seine Sohne bieten den Seleukiden den Kampf. Eine Revolte beginnt. Im Jahr 164 v.d.Z., nach jüdischem Kalender am 25. des 9. Monats Kislew 3597, gelingt es den Juden unter Judas Makkabäus die seleukidische Herrschaft über Judäa zu stürzen und den Tempel neu zu weihen. „Einweihung“ das bedeutet auch das Wort Chanukka in seiner wörtlichen Übersetzung.

Im Talmud wird in diesem Zusammenhang von einem Wunder berichtet. Das Ausführen des Tempeldienstes, der nach dem Sieg der Juden wieder in Gang gesetzt wurde, erforderte koscheres d.h. nach bestimmten Vorschriften zubereitetes, reines Olivenöl zum Zünden des ewigen Lichtes, welches im Tempel immer zu brennen hatte. Davon ist aber nur ein kleiner Rest übriggeblieben und gefunden worden. Obwohl die Menge hätte nur für einen Tag reichen sollen, reichte es für ganze acht Tage. In der Zwischenzeit konnte neues koscheres Öl hergestellt werden. Deswegen wird heute Chanukka acht Tage lang gefeiert. Zur Erinnerung an das Wunder wird ein achtarmiger Chanukkaleuchter gezündet. Ab dem ersten Feiertag bis zum achten wird beginnend mit einer, jeden Tag eine Kerze mehr gezündet, bis alle acht brennen. Um die Bedeutung des Öls zu unterstreichen isst man zu Chanukka in Öl gebratene Spezialitäten, wie z.B. Latkes (Kartoffelpuffer) und Sufganiot (Pfannkuchen). Es ist ein Fest voller Freude und Licht. Kinder spielen mit dem Sevivon (Kreisel) und bekommen Chanukkageld.

Wichtige Feiertage in der Syrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien
von Suzan Tozman

Die ältesten Christen der Welt – diesen Titel tragen die Anhänger der syrisch-orthodoxen Kirche von Antiochien (kurz SOKvA) mit Recht, denn die Tradition der syrischen Kirchen wurzelt unmittelbar im ältesten aramäischsprachigen Christentum des palästinensisch-syrischen Raums. Nach der Zerstreuung der Urgemeinde in Jerusalem durch die Steinigung des Jüngers Stephanus im Jahre 34 n. Chr. bauten die Jünger Jesu ihr neues Zentrum in Antiochien auf und Petrus, der als der erste Patriarch der SOKvA gilt, gründete dort seinen Bischofssitz. Somit ist die SOKvA aus der Urgemeinde in Jerusalem hervorgegangen und stellt die älteste christliche Kirche dar.

Der im Kirchentitel vorkommende Begriff syrisch hat nichts mit dem heutigen Staate Syrien und seiner Sprache, dem Arabischen, zu tun. Vielmehr steht das Wort syrisch bzw. Syrer für jene Aramäer des antiken Syriens und Mesopotamiens, die den christlichen Glauben angenommen hatten, um diese von den noch heidnisch gebliebenen Aramäern zu unterscheiden.

Antiochien hatte seinerzeit besonders enge Beziehungen zu Jerusalem, sodass die Bräuche und Feste von Antiochien bereitwillig und auf direktem Wege übernommen wurden. Tradition und Bräuche der drei wichtigsten Feiertage in der syrischen Kirche seien hier kurz dargestellt.

Weihnachten, im Volksmund auch das kleine Fest genannt, wird im Gegensatz zu allen anderen orthodoxen Kirchen nicht erst am 6. Januar, sondern gemeinsam mit den „Westkirchen“ bereits am  25. Dezember gefeiert. Einige Gemeinden zelebrieren die Weihnachtsmesse in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember, andere in den frühen Morgenstunden des 25. Dezembers. Das Fest der Geburt Christi wird dann schließlich drei Tage lang gefeiert, wobei in der Liturgie am 26. Dezember die Ehrung Mariens im Mittelpunkt steht und am 27. Dezember den von Herodes ermordeten Kindern von Bethlehem gedacht wird. Traditionell besuchen sich die Gemeindemitglieder gegenseitig zu Hause. Neben einer Krippe hat auch der geschmückte Tannenbaum schon lange Einzug in die europäischen Haushalte der Syrer gehalten. Am 6. Januar wird in der syrischen Kirche schließlich die Taufe Jesu, auch Epiphanias genannt,  gefeiert.

Ein beständiges Motto syrischer Christen könnte „Ohne Fleiß kein Preis“ heißen, denn kein Fest wird gefeiert, wenn vorher nicht gefastet wurde. Und so geht dem Weihnachtsfest ein mindestens zehntägiges Fasten voraus, die Hartgesottenen fasten schon vom 1. Dezember an. Fasten bedeutet für syrisch-orthodoxe Christen während dieser Zeit auf jegliche tierische Produkte zu verzichten, d. h. weder Fleisch, noch Eier oder Milchprodukte sind erlaubt, dafür aber Honig und seit ca. 30 Jahren auch Meerestiere. Es gibt im syrisch-orthodoxen Kirchenjahr neben dem wöchentlichen Mittwochs- und Freitagsfasten sieben weitere Fastenzeiten, wobei das große 50-tägige Fasten vor Ostern wohl das anstrengendste ist. Dieses große Fasten setzt sich aus den 40 Tagen, die Jesus fastend in der Wüste verbracht hat sowie den sieben Tagen für die Karwoche zusammen, aufgerundet ergeben sich daraus 50 Tage.

Die Feiertage in der SOKvA sind äußerst traditionell gehalten und sehr an die Geschehnisse des jeweiligen Festes gebunden. So gibt es am Karfreitag zwei Trauerprozes-sionen: die erste erinnert an den Kreuzweg, die zweite an das Grabgeleit Jesu vom Kreuze. Dabei schreitet der Pfarrer feierlich das Kreuz tragend durch die Kirche und errichtet es symbolisch auf Golgata. Links und rechts vom Kreuz wird je eine Kerze für die beiden Verbrecher, die mit Jesus gekreuzigt wurden, aufgestellt, wobei die linke für den nicht Buße
tuenden Verbrecher später ausgelöscht wird. Zur Todesstunde Jesu werden üblicherweise alle Lichter gelöscht und der Vorhang des Altarraums bis zur Mitte aufgezogen, sodass das Allerheiligste offensteht (vgl. Mt 27,51; Mk 15,38; Lk 23,45). Im Anschluss begießt und befeuchtet der Pfarrer das Kreuz hinter dem Altar mit Essig und Myrrhe, wäscht es dann mit Rosenwasser, wickelt es mit Watte und Weihrauch in ein Leinentuch und legt es in einen sargähnlichen Behälter. Es folgt erneut eine Prozession, bei der die Diakone den Sarg tragen und die schwarz gekleideten Gemeindemitglieder wie bei einer Beerdigung ihre Trauer zeigen. Am Ende der Zeremonie trinken die Gläubigen zum Gedenken an den Mischtrank, welcher Jesus bei seiner Kreuzigung gereicht wurde (Mk 15, 36; Mt 27,48; Joh 19, 29), von dem so genannten bitteren Wasser (Essig, Myrrhe und Rosenwasser). Am Morgen des Karsamstags findet ein Bußgottesdienst statt, an dessen Anschluss alle Kinder, die in der tauffreien Fastenzeit geboren wurden, getauft werden. Dieser Tag gilt als der wichtigste Tauftag im Jahr.

Ostern ist das bedeutendste aller syrischen Feste und wird mit allen altorientalischen Kirchen nach dem julianischen Kalender am ersten Sonntag nach dem ersten Frühlings-mond gefeiert. Die Westkirchen feiern nach dem gregorianischen Kalender, der unter Papst Gregor VIII. 1582 reformiert wurde. Der Ostergottesdienst beginnt am Vorabend des Ostersonntags. Zu Beginn der Messe geht der Pfarrer zum „Sarg“, in den das Kreuz am Karfreitag in Leinen gelegt wurde, holt es heraus, bindet ein rotes Tuch herum und verkündet: Unser Herr und Gott Jesus Christus ist von den Toten auferstanden. Die Gemeinde antwortet daraufhin: Wir glauben und bekennen. Dann folgt die Eucharistiefeier. Nach der Ostermesse wird das große Fasten traditionell mit Dašištå (Milchreis) gebrochen, um den Magen nach langer Fastenzeit ohne tierische Produkte langsam wieder an diese zu gewöhnen. Außerdem werden Süßigkeiten und bunt bemalte Ostereier verteilt und das „Eierschlagen“ (Welche Schale ist härter?) erfreut sich großer Beliebtheit unter den Gläubigen. Auch hier feiert man drei Tage lang und die Gemeindemitglieder besuchen sich gegenseitig zu Hause. Am Ostermontag ist der Gottesdienst kurz und gilt dem Gedenken aller Verstorbenen, deren Gräber im Anschluss vom Pfarrer und der Gemeinde besucht und gesegnet werden, wobei auch auf dem Friedhof Ostereier und Süßigkeiten verteilt werden.

50 Tage nach Ostern findet ein weiteres wichtiges Fest statt: Pfingsten. Der Begriff Pfingsten oder auf Syrisch Panṭiqusṭ̣i ist dem Griechischen von pentekostē (der Fünfzigste) entlehnt. So wie die Fasten-, Trauer- und Bußzeit 50 Tage dauert, so dauert auch die fröhliche, fastenfreie Osterzeit 50 Tage und wird mit dem Pfingstfest feierlich beendet. Im Volksmund heißt das Fest auch Raš-Raš, was übersetzt soviel wie gießen oder ausschütten heißt, denn an diesem Tag gedenkt man des Herabkommens des Heiligen Geistes auf die Jünger (Apg 2, 1-13), der in Feuerzungen auf sie herabregnete. Symbolisch wird dies durch die Besprengung des Altars, der Messdiener und der Gemeindemitglieder mit Weihwasser durch den Pfarrer (oder einen Diakon) dargestellt. Dies geschieht drei Mal, da die Pfingstmesse in drei Teile geteilt ist – ein Teil für den Gott-Vater, ein Teil für den Sohn und ein Teil für den Heiligen Geist. Pfingsten ist besonders bei den Kindern sehr beliebt, da im Anschluss an die Messe oft regelrechte Wasserschlachten entstehen, bei denen sie sich gegenseitig mit Wasser bespritzen.

Symbolisch dargestellt wird an diesem Tag während der Messe auch das Warten der Jünger auf den Heiligen Geist. Dabei knien sich der Pfarrer und die gesamte Gemeinde hin, klopfen mit dem Finger auf den Rücken des Vordermanns und singen dabei das Kyrie-Eleison, um die Situation der Jünger nachzuahmen, die nicht einschlafen wollten, damit sie das Herabkommen des Heiligen Geistes nicht versäumen.

Pfingsten ist aber nicht nur ein kirchlicher Feiertag, sondern gilt auch als der „Geburtstag“ der Kirche, denn erst an diesem Tage wurden die Jünger Christi vom Heiligen Geist erfüllt und haben mit seiner Kraft begonnen, die Frohe Nachricht zu verkünden. Erst jetzt formiert sich also die christliche Gemeinde und somit wird Pfingsten in der christlichen Tradition als der Gründungstag der Kirche verstanden. Mit diesem Pfingstwunder, also der Fähigkeit der Jünger in allen Sprachen zu sprechen und alle Sprachen zu verstehen, beginnt die Mission der Kirche, alle Menschen unabhängig von ihrer Herkunft für die Sache Christi anzusprechen.

Literatur

Tamcke, Martin: Die Christen vom Tur Abdin, Hinführung zur Syrisch-Orthodoxen Kirche. Frankfurt/Main 2009.
Iwas, Mor Ignatios Zakka I.: Die Syrisch-Orthodoxe Kirche durch die Jahrhunderte. Übersetzt von: Boy, Rolf / Gorgis, Amill. Glane-Losser 2006.
Aydin, Hanna: Die Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien. Ein geschichtlicher Überblick. Glane-Losser 1990.
Heinz, Andreas: Feste und Feiern im Kirchenjahr nach dem Ritus der Syrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien. Trier 1998.


 

Fortsetzung folgt

 


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Letzte Änderung: 2010-03-28 [Seite bearbeiten]